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Wiener Landesparteitag am  Samstag, 16. April 2016               
L E I T R E S O L U T I O N  Nr:  2.01
eingebracht vonBezirksorganisation - Alsergrund,Bezirksorganisation - Josefstadt,Bezirksorganisation - Leopoldstadt,Bezirksorganisation - Margareten,Bezirksorganisation - Mariahilf,Bezirksorganisation - Neubau,Bezirksorganisation - Währing,JG - Junge Generation Wien,Wiener Vorstand
Betrifft: Grundsätze der Wiener Flüchtlingspolitik – Haltung, Menschlichkeit und Ordnung
Antragstext:
Weltweit sind derzeit 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Sie sind aus Ländern geflohen, in denen die Menschenrechte missachtet werden, Menschen verfolgt oder mit dem Tod bedroht werden. Solange endloser Krieg und Terror in Ländern wie Syrien herrschen, solange die Not in Flüchtlingslagern vor Ort groß ist, solange werden sich Menschen auf dem Weg auch nach Europa machen, in der Hoffnung, hier ein sicheres und friedliches Leben führen zu können.

Es muss das oberste Ziel sein, auf allen Ebenen Maßnahmen zu setzen, damit die kriegerischen Auseinandersetzungen im Nahen Osten ein Ende haben, die Menschen vor Ort besser humanitär versorgt werden und die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit ausreichend dotiert werden und bei den Betroffenen ankommen. Die Menschen flüchten nach Europa, weil sie in ihrer Region keine sichere Zukunft mehr sehen. Nur wenn es Österreich und Europa gelingt, in den betroffenen Krisenregionen die Lebenssituation für die Menschen zu verbessern, werden weniger die Flucht nach Europa und nach Österreich antreten. Der Außenminister ist gefordert, den im Regierungsprogramm 2013 vereinbarten Stufenplan zur Erhöhung der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit auf 0,7 Prozent des Bruttonationalprodukts umzusetzen.


Weil die Wiener Stadtpolitik von sozialdemokratischen Werten und Prinzipien geleitet ist, war und ist der Wiener Weg auch in der Flüchtlingspolitik stets gekennzeichnet vom Mit-einander und Zusammenhalt in der Gesellschaft, um das Trennende hintanzustellen und in allen Lebenslagen für Sicherheit, Ordnung, Menschlichkeit und gegenseitigen Respekt zu sorgen. Wien kam und kommt seiner Verpflichtung bei der Unterbringung von Asylsu-chenden daher weiterhin mit großem Einsatz nach und ist bestrebt, jede hilfesuchende Person im Einklang mit unserer Verfassung bei einem geordneten Asylverfahren zu unter-stützen.



1. Aktive Friedenspolitik und Hilfe vor Ort.

Flüchtlingsbewegungen entstehen besonders dann, wenn Menschen aus ihrer Heimat durch Krieg, Terror und Verfolgung vertrieben werden und das eigene Leben und das der Familie bedroht sind und die Hoffnung auf ein friedliches Leben aufgegeben wird. Die Ur-sachen können daher nur vor Ort bekämpft werden.
Deshalb wirkt Österreich im Rahmen der Europäischen Union und der Vereinten Nationen an einer aktiven Friedenspolitik mit, um Fluchtursachen zu bekämpfen. Damit die Hoffnung auf eine Rückkehr möglichst schon auf den ersten Stationen der Flucht wiederkehren kann.


Mit aller Anstrengung müssen daher nicht nur die kriegerischen Auseinandersetzungen in Syrien beendet, sondern auch die Situation in den Flüchtlingslagern in der Region (Türkei, Libanon, Jordanien usw.) verbessert werden, wie das die internationalen Hilfsorganisatio-nen, allen voran die Vereinten Nationen, fordern. Auch hier ist ein wirkungsvolles aktives Engagement der Europäischen Union wichtig.


2. Gemeinsame europäische Lösungen.


Gemeinsame europäische Lösungen braucht es auch bei der Abwicklung des Flüchtlingswesens an den EU-Außengrenzen, beim innereuropäischen Grenzmanagement, beim Kampf gegen das Schlepperwesen und bei einer fairen Verteilung der Schutzsuchenden auf alle EU-Mitgliedsländer.


Aufgabe der Grenzschutzagentur Frontex ist es (aufgrund des UN-Seerechtsübereinkommens) v.a. auch, Menschen vor dem Ertrinken zu retten, nicht nur die EU-Außengrenzen zu sichern.
Die Errichtung und Unterstützung von europäischen Erstaufnahmezentren (Hot Spots) mit menschenwürdigen Bedingungen an den EU-Außengrenzen muss mit Vehemenz voran-getrieben werden. Das Ziel ist, von dort aus Asyl- und subsidiär Schutzsuchende nach einem Prognoseverfahren in ausgeglichener Art und Weise auf die Länder der Europäi-schen Union zu verteilen.


Auch die Möglichkeit, Asyl bzw. internationalen Schutz in Botschaften zu beantragen („Botschaftsasyl“) soll dazu beitragen, Fluchtwege zu verkürzen und das Schlepperwesen zu bekämpfen.


Die Staaten Europas und die EU müssen sich solidarischer bei der Aufnahme und Integra-tion von Asyl- und Schutzsuchenden zeigen (auch schon bei „Resettlement-Programmen“), damit nicht einzelne Staaten überfordert werden. Deutschland, Schweden und Österreich übernahmen bislang die Hauptverantwortung bei der Aufnahme von Flüchtlingen, hier sind aber alle EU-Mitgliedsstaaten gefordert.


EU-Mitgliedstaaten, die kaum oder keine Solidarität bei der Aufnahme von Flüchtlingen zeigen, sollen finanzielle Sanktionen der EU spüren. Staaten, die sich dagegen überdurchschnittlich engagieren, sollen finanzielle Hilfen von der EU erhalten. Daher fordern wir einen eigenen Topf aus dem diese Unterstützung finanziert wird.

3. Asyl und das Recht auf internationalen Schutz ist nicht beschränkbar.

Asylsuchende haben gemäß internationaler Abkommen (Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951, Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 31. Januar 1967 sowie Richtlinie 2011/95/EU) das Recht, in einem fremden Staat Schutz zu beantragen. In vielen Krisen seit 1945 hat auch die österreichische Gesellschaft Menschen auf der Flucht immer wieder Schutz geboten.

Diese humane Grundhaltung Europas nach 1945 gegenüber flüchtenden und vertriebenen Menschen darf nicht aufgege-ben werden.Das Recht auf Asyl und internationalen Schutz ist durch Obergrenzen nicht beschränkbar, diese werden von uns auch klar abgelehnt. Menschen, die vor Krieg, Terror und Verfol-gung geflohen sind, haben das Recht, in einem anderen Land – auch in einem EU-Mitgliedsstaat oder in Österreich – Asyl zu beantragen. Jene, die aufgrund eines negativ gültigen Bescheids keinen Anspruch auf Schutz oder Asyl haben, muss ebenso klar kom-muniziert werden, dass ihr Aufenthalt in Österreich zeitlich begrenzt ist und sie nicht blei-ben bzw. gar nicht erst einreisen können. Dafür braucht es bereits an den Grenzen eine geordnete Abwicklung und Registrierung der Flüchtlinge. Klar bleibt aber, dass jede Per-son das Recht auf ein ordentliches Asylverfahren im Raum der EU hat.

Wie die Entwicklungen der letzten Monate aber zeigen, können nicht wenige Länder - wie Deutschland, Schweden und Österreich - alleine dieses Menschenrecht umsetzen. Denn es geht auch darum, Asyl- und Schutzsuchenden ein würdevolles Dasein mit Zukunftsperspektiven zu ermöglichen. Die Flüchtlingsbewegungen können daher finanziell und orga-nisatorisch nur gesamteuropäisch bewältigt werden. Die Formulierung von Richtwerten für Österreich als Grundlage für ein europäisches Quotensystem soll diese Gesamtlösung rascher herbeiführen. All diese Maßnahmen müssen natürlich im Einklang mit der Verfas-sung und den Menschenrechten stehen.


4. Wien hilft.

Die Wiener Bevölkerung zeigt große Solidarität mit den Menschen auf der Flucht. Nicht nur in den ersten Wochen im September 2015, als sich tausende Wienerinnen und Wiener an den Bahnhöfen und in den Notunterkünften engagiert haben. Auch jetzt, wo die media-le Berichterstattung darüber zurückgegangen ist, arbeiten tausende Freiwillige weiterhin in den Flüchtlingsquartieren. Dank der guten Zusammenarbeit zwischen Politik, Verwaltung, NGOs, Einsatzorganisationen und Freiwilligen ist es überhaupt möglich, so viele Flüchtlinge gut und professionell zu betreuen.


Es gilt diese Stimmung aufrechtzuerhalten, denn sie ist die Grundlage für ein harmoni-sches Zusammenleben in der Zukunft. Die Wiener Wahlen im Herbst 2015 haben gezeigt, dass mit Haltung, Menschlichkeit und Professionalität Wahlen erfolgreich zu schlagen sind.


Ein Klima des Gegeneinanders schadet dem Land und ist eine Gefahr auch für den sozialen Frieden in unserer Stadt. Eine Politik der Abschreckung von Flüchtenden wird Wien daher nicht vollziehen, denn sie wäre unmenschlich. Wien wird weiter Menschen helfen und respektvoll behandeln, die vor Krieg, Terror und Verfolgung fliehen. Weil die Hilfe für Menschen in Not unseren Werten entspricht, weil sie ein Menschenrecht ist und weil Menschenrechte unteilbar und selbstverständlich sind.


Wien wird den Weg des Zusammenhalts und der Solidarität weiterhin gehen. Dieses Gemeinschaftsgefühl ist ein Grundpfeiler der guten Entwicklung unserer Stadt und ist eine klare Absage an jene politischen Kräfte, die als Gegenmodell das gegenseitige Ausspielen von Gruppen forcieren. Wien ist eine so lebenswerte Stadt, weil hier das Zusammenleben von einem starken Gemeinschaftsgefühl geprägt ist. Wir werden nicht zulassen, dass die Gesellschaft gespalten wird und Wien an Attraktivität und Lebensqualität verliert.






5. Unsere Werte sind nicht verhandelbar.

Viele Wienerinnen und Wiener zeigen sich nicht erst seit der Flüchtlingsbewegung im September 2015 solidarisch mit den Flüchtlingen. Schon in der Vergangenheit hat Wien immer wieder gezeigt, was es heißt, Menschen, die auf der Flucht sind, Sicherheit und Schutz zu geben.


Diese Solidarität ist aber keine Einbahnstraße, sondern muss geprägt sein von einem Miteinander und einem Austausch – so profitieren beide Seiten. So wie wir uns gegenüber Flüchtlingen solidarisch zeigen, so erwarten wir, dass sich Flüchtlinge an unsere Werte und Regeln halten. Denn gemeinsame Regeln sind die Basis für das gute Zusammenleben in unserer Stadt. In der „Wiener Charta“ wurden 2012 solche Grundregeln für ein Miteinander und die Gemeinschaft in unserer Stadt erarbeitet.
Bereits in den ersten Tagen der Durchreise von Zehntausenden Flüchtlingen durch Wien im September 2015 haben wir in sämtlichen Notquartieren daher unmissverständlich die Grundwerte dieser unserer Gesellschaft kommuniziert:


"Die Basis des Zusammenlebens in unserem Land sind die Menschenrechte. Ein Verstoß gegen Prinzipien der Toleranz, Religions- und Meinungsfreiheit wird nicht akzeptiert. Jeder Einzelne von uns will in seiner Unterschiedlichkeit respektiert und anerkannt werden. Die-sen Respekt bringen wir daher auch allen anderen in unserer Stadt entgegen. Besonders achten wir in Wien auf den Schutz und auf die Rechte von Frauen und Kindern. Jede Form von körperlicher Gewalt - gegen wen auch immer - wird bestraft."
Die große Mehrzahl der Flüchtlinge, die in Wien einen Asylantrag gestellt hat, sucht ein Leben in Sicherheit und Frieden und respektiert diese Grundwerte. Wer diese Chancen auf Integration allerdings nicht nutzt, wird - sofern eine Abschiebung menschenrechtlich möglich ist - nicht in Österreich bleiben können.


Übergriffe und Gewalt auf Frauen haben Sorge und Empörung hervorgerufen. Weil jede Frau das Recht auf ein Leben frei von sexualisierter Gewalt hat, für diesen Grundsatz haben Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten gekämpft. Gleichzeitig müssen wir wachsam gegenüber jenen Kräften sein, die diese Vorfälle nutzen, um Flüchtlinge unter Generalverdacht zu stellen, gleichzeitig aber nichts gegen Sexismus im Alltag unternehmen, der den Boden für sexuelle Gewalt bereitet.


Klar ist: Gewalt – egal von wem immer ausgeübt – ist strikt abzulehnen, hier gibt es keine Toleranz. Asylwerberinnen und Asylwerber, die sich schwerer, gerichtlich strafbarer Delikte schuldig machen, haben mit den entsprechenden Konsequenzen in Hinblick auf ihre Aufenthaltserlaubnis zu rechnen. Wir betonen, dass Schutzsuchende neben Pflichten auch Rechte haben, allen voran das Recht auf Schutz (wobei wir einen spezifischen Fokus auf besonders verletzliche Gruppen legen). Wir verurteilen die Verbrechen, die von Rechtsextremen gegen Flüchtlinge und ihre Unterkünfte ausgeübt werden. Auch hier ist mit aller Härte des Gesetzes vorzugehen. Durch strenge gesetzliche Regelungen und ausreichend Polizei ist dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung zu entsprechen.


Im Besonderen müssen ausreichend Maßnahmen zum Schutz des Selbstbestimmungsrechts und der Sicherheit von Frauen gesetzt werden. Das reicht von der realen Anerkennung frauenspezifischer Fluchtgründe über den besonderen Schutz von Frauen und Mädchen in Flüchtlingsunterkünften, ihre Unterstützung bei Asylverfahren durch weibliches Personal bis zur Sicherheit im öffentlichen Raum.


Besonderen Schutz brauchen auch unbegleitete minderjährige Flüchtlinge: etwa durch österreichweit einheitliche Standards der Betreuung und Bildung, aber auch durch die Zusammenführung von Familien, damit die UN-Menschenrechts- wie auch die UN-Kinderrechtskonvention eingehalten bleiben.


6. Asylverfahren beschleunigen – Ergebnisse durchsetzen.

Ein geordnetes Asylsystem und rasche Asylverfahren sind eine unabdingbare Grundlage, um die bestehenden Herausforderungen meistern zu können.
Asylverfahren dauern aufgrund der steigenden Anträge und aufgrund des fehlenden Personals zu lange. So dauern Prognoseentscheidungen nicht die vorgesehenen 48 Stunden, sondern mehrere Wochen, in denen Flüchtende nur auf Hilfsbereitschaft und Spenden hoffen können. Aktuell kann nur etwa ein Viertel der jährlichen Asylanträge abgearbeitet werden. Jahrelange Wartezeiten in schwebenden Verfahren und in der Grundversorgung sind die Folge für Menschen, die dann oft schon gut integriert sind.


Österreichs Behörden müssen dringend das Tempo erhöhen. Um rasch Klarheit über die Zuerkennung oder Nichtanerkennung von Asyl und internationalen Schutz zu schaffen, muss der Bund die erforderlichen rechtlichen, organisatorischen und personellen Res-sourcen schaffen, um Verfahren schneller abzuwickeln. Für die Durchführungsdauer von Asylverfahren in der ersten Instanz ist eine zeitliche Obergrenze von einem halben Jahr anzustreben, eine Durchforstung des Asylrechts auf mögliche Vereinfachungen des Verfahrens ist zweckmäßig.
Innenministerin Mikl-Leitner ist gefordert, für mehr Tempo bei den Verfahren zu sorgen und die Durchführung von Rückführungen nach rechtskräftig negativem Bescheid sicher-zustellen. Wien fordert darüber hinaus Außenminister Kurz auf, für den Abschluss von wirksamen Rückführungsabkommen zu sorgen. Beide sind verantwortlich, dass die Zahl der Rückführungen abgenommen hat und damit der Eindruck eines zahnlosen Asylrechts entstanden ist.


7. Wir handeln solidarisch und fordern Solidarität.

Als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten schützen wir die Rechte von Minderheiten und sozial Benachteiligten. Daher erfüllen wir in Wien die Aufgabenstellungen in der Flüchtlingshilfe seit Beginn an mit großem Einsatz und fordern das auch von allen anderen ein.


So erwarten wir nicht nur europaweit, sondern auch innerhalb Österreichs mehr Solidari-tät. Noch immer unterstützt etwa ein Drittel der österreichischen Gemeinden die Anstren-gungen zur Unterbringung und Integration von Flüchtlingen nicht. Die Innenministerin hat dafür zu sorgen, dass auch in diesen Gemeinden Flüchtlingsunterkünfte bereitgestellt werden.
Die Grundversorgung von AsylwerberInnen darf kein Geschäft für private Firmen oder EinzelunternehmerInnen sein! Wir brauchen eine ausreichende öffentliche Finanzierung der Leistungen in der Grundversorgung, damit gemeinnützige Organisationen soziale Standards in Unterbringung, Beratung, Sozialarbeit und Betreuung einhalten können.



Wien ist das einzige Bundesland, das konsequent die Quote zur Unterbringung von Flüchtlingen übererfüllt. Was in Europa nicht funktioniert – nämlich die faire Aufteilung der Flüchtlinge auf die EU-Mitgliedsstaaten – funktioniert auch in Österreich nicht. Die oft ein-geforderte Solidarität auf EU-Ebene muss auch für Österreich und die anderen Bundesländer gelten. Die Innenministerin hat auch dafür zu sorgen, dass das Durchgriffsrecht des Bundes konsequent für alle in Frage kommenden Gemeinden durchgesetzt wird.
Im anstehenden Finanzausgleich sollen die Anstrengungen und Kosten für die Flüchtlingshilfe Berücksichtigung finden. Wir begrüßen gemeinsam mit den österreichischen Städten und Gemeinden die Unterstützung des Bundes bei der Bewältigung der finanziel-len Mehraufwände für die Begleit- und Integrationsmaßnahmen. Die Anzahl an Flüchtlingen pro Gemeinde soll dabei nicht nur als Unterbringungsquote gelten, sondern auch als Kenngröße für ein finanzielles Unterstützungssystem. Ebenso braucht es verbindliche Vereinbarungen mit der EU über die Herausnahme von den entsprechenden Investitionen in das Gemeinwesen aus den Maastrichtkriterien.


8. Deutsch ab dem ersten Tag als Sprache der Verständigung.

Die Monate des Wartens während des Asylverfahrens müssen für die Flüchtlinge mit sinn-vollen Tätigkeiten befüllt werden. Dazu zählen vor allem verpflichtende Deutschkurse, die auch flächendeckend angeboten werden müssen. In Wien beginnt diese Integration für Flüchtlinge schon ab dem 1. Tag. Deutsch hilft nicht nur bei Behördenwegen, sondern för-dert die Integration von NeuzuwanderInnen maßgeblich, denn Sprache ist der wichtigste Schlüssel für Verständnis und Integration.


Die Stadt Wien organisiert nicht nur selbst Deutschkurse, sondern fördert viele Einrichtungen, damit leistbare, nach Möglichkeit kostenlose Kurse angeboten werden. Wien spricht sich für mehr Unterstützung durch den Bund aus sowie eine Bund-Länder-Vereinbarung über Integrationsmaßnahmen für Flüchtlinge mit dem Schwerpunkt Sprache, durch die auch eine einheitliche österreichweite Deutschförderstruktur geregelt werden soll.


9. Unterstützung für ein selbstbestimmtes Leben

Konservative und rechte Parteien versuchen unter dem Vorwand der Flüchtlinge lang erkämpfte soziale Errungenschaften wieder abzuschaffen. Deren Debatten darüber, wie man Österreich für Flüchtlinge unattraktiv machen könnte, gehen nicht nur an der Realität der Flüchtlingsbewegung vorbei, sondern führen zwangsläufig dazu, dass der gesamte Sozialstaat schrittweise ausgehöhlt werden soll. Die Wiener SPÖ tritt entschieden gegen Kürzungen bei den Schwächsten ein. Eine Kürzung der Mindestsicherung für Menschen mit internationalem Schutz trifft die Ärmsten der Armen und öffnet einem generellen Sozialabbau Tür und Tor. Von einer Deckelung der Mindestsicherung auf 1.500 Euro wären Familien mit Kindern vor allem AlleinerzieherInnen betroffen. Kürzungen in diesem Bereich schaffen nur neue Armut – das lehnen wir entschieden ab. Eine Gesellschaft, in der zwi-schen Arm und Reich geteilt wird, in der Menschen gezwungen werden, arm zu leben, hat fatale Auswirkungen auf deren Leben und führt dazu, dass der soziale Frieden in unserer Stadt gefährdet wird – und das sichtbar. Geld ist in unserem Staat genug vorhanden – es muss nur gerechter verteilt werden, damit alle menschenwürdig leben können. In der sozialen Frage unterscheiden sich FPÖ und ÖVP kaum. Diese Debatte dient wohl auch der Vorbereitung einer Blau-Schwarzen Koalition.


Die Sozialdemokratie steht auf der Seite der Schwächsten, weil wir die Sorgen der Men-schen um Arbeit, Wohnen, Pension oder die Zukunft ihrer Kinder verstehen. Daher helfen wir ohne Unterschied allen, die hier leben, sich rechtmäßig bei uns aufhalten und Unterstützung brauchen.
Daher treten wir auch dafür ein, dass Bildungsabschlüsse und Berufsqualifikationen von Flüchtlingen durch „Kompetenzchecks“ des AMS rasch erhoben, weiters rasch anerkannt werden und der Zugang zum Arbeitsmarkt nach 6 Monaten mit Ersatzverfahren ermöglicht wird. Darüber hinaus soll die Möglichkeit von Praktika in sozialökonomischen Betrieben oder öffentlich geförderten Unternehmen geschaffen werden, denn vom Nichtstun hat niemand etwas.


Historisch führen Massenverelendungen und Krisen immer auch zu Demokratieabbau und zu autoritären Systemen. Dagegen wehren wir uns mit aller Entschiedenheit. Ein menschenwürdiges Leben ohne Existenzängste für alle ist der größte Dienst, den wir der Demokratie in diesem Land erweisen können.


10. Flüchtlingskinder in Kindergärten, Schule und Lehre bringen.

Wir in Wien ermöglichen im Gegensatz zu ÖVP geführten Bundesländern Flüchtlingskin-dern durch einen schnellen Einstieg in Kindergärten und Schulen ein gutes Ankommen in einem normalisierten Leben. „Neu in Wien“ heißt das Modell, das Kinder in Wien auf indi-viduelle Weise fördert. Das Konzept erstreckt sich von „Neu in Wien“-Kursen, wo Kinder parallel zu Regelklassen zusätzlichen Deutschunterricht besuchen, über „Neu in Wien“-Klassen, weil eine möglichst rasche Beschulung von Kindern das oberste Ziel ist. Weiters findet eine Vor-Ort-Beschulung in Flüchtlingseinrichtungen des Fonds Soziales Wien statt, da die Kinder aufgrund der temporären Wohnsituation in den Unterkünften sonst aus dem Klassenverband gerissen würden. Begleitet wird das „Neu in Wien“-Modell durch ein inte-gratives Rahmenprogramm, welches Sommer-Sprachkurse mit Freizeitangeboten, eine intensive Kooperation mit den Wiener Jugendzentren, Weiterbildungen über die Herkunfts-länder der Flüchtlinge für PädagogInnen sowie die Öffnung und Nutzung von kulturellen Räumen zur Integration beinhaltet.
Sprache erlernt man vor allem im Dialog mit Gleichaltrigen und im Klassenzimmer. Daher muss das gemeinsame Miteinander und die Unterbringung von Flüchtlingskindern in Regelklassen das Ziel bleiben. Eigene Flüchtlingsklassen und die Vor-Ort-Beschulung in den Flüchtlingsunterkünften können nur eine vorübergehende Notlösung sein.
Gerade in diesem Bereich braucht es gezielten Einsatz und großes Engagement, denn die Zukunft unserer Stadt sind unsere Kinder. Dazu brauchen wir zusätzliche KindergartenpädagogInnen und LehrerInnen. Um rascher auf steigende SchülerInnenzahlen reagieren zu können, soll der LehrerInnenbedarf durch den Bund nicht nur einmal, sondern dreimal jährlich festgestellt und eine entsprechende Unterstützung vom Bund zur Verfügung gestellt werden.
Für nicht mehr Schulpflichtige schafft Wien darüber hinaus auf seine Kosten ein „Jugend College“, das Jugendliche in einem modularen System auf den Umstieg in eine weiterfüh-rende Schule oder auf die Lehrausbildung vorbereiten soll.


Für die sozialen Herausforderungen braucht Wien zusätzlich SchulpsychologInnen, SozialarbeiterInnen und andere ExpertInnen, um die oftmals traumatisierten Kinder und Jugendlichen zu begleiten.
Der Wiener Weg der Förderung von Kindern und Jugendlichen soll österreichweit gegangen werden, denn alle Kinder und Jugendliche sollen dieselben Chancen und Möglichkeiten haben.



11. Menschenwürdig wohnen und leben.

Die kommunalpolitischen Herausforderungen sind durch das starke Wachstum der Stadt sowie die Unterbringung und Integration der Flüchtlinge groß, aber schaffbar. Voraussetzung für die Bewältigung der Aufgaben ist finanzieller Spielraum, etwa durch einen gerechten Finanzausgleich sowie eine europäische Haushaltspolitik, die Investitionen in Wachstum ermöglicht.
Wien ist in den letzten drei Jahrzehnten um fast 400.000 Menschen gewachsen. Die Anstrengungen zur Schaffung von zusätzlichem Wohnraum, von Kindergärten und Schulen, zum Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel oder zum Erhalt des guten Sozial- und Gesundheitssystems müssen fortgesetzt werden, um die hohe Lebensqualität zu erhalten und weiter auszubauen. Ab 2017 werden in Wien daher z.B. jährlich 13.000 neue Wohnungen errichtet und durch Stadterneuerung tausende weitere geschaffen.
Wien bekennt sich dazu, dass AsylwerberInnen möglichst in kleinen, menschenwürdigen Unterkünften leben können. Großquartiere soll es nach Möglichkeit nicht geben, auch wenn diese in Wien gut organisiert und betreut sind. Noch sind solche Unterkünfte auch aufgrund des mangelnden politischen Willens und der dadurch fehlenden Kapazitäten in anderen Bundesländern vorläufig notwendig. Es braucht mehr Unterkünfte in kleineren Einheiten. Wohnbauträger und private Haushalte wurden und werden weiter ersucht, leer-stehende Wohnungen und Räume anzubieten, Zusätzlich müssen auch baulich einfach zu realisierende Formen für temporäres Wohnen umgesetzt werden.
 
 
Beschluss: Annahme